Jan Ulrich packt aus

Die treuesten Stammleser des Sudelbuchs werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass ich einmal von der Telekom eine Rechnung auf den Namen Jan Ullrich bekommen habe.

Ich war damals verwundert, dass der Toursieger überhaupt Telefongebühren zahlen sollte. Heute frage ich mich, ob in dem Einzelverbindungsnachweis vielleicht eine gewisse Nummer in Spanien auftauchte – doch es war tatsächlich meine Rechnung, die Telekom hat lediglich meinen Namen falsch geschrieben. Bis auf den Umstand, dass Jan Ullrich von der Telekom Geld bekam, was die wiederum von mir eintrieb, gab und gibt es kaum Gemeinsamkeiten zwischen mir und meinem Fast-Namensvetter, außer der Tatsache, dass Google immer wieder Leute auf mein Sudelbuch lenkt, die eigentlich Informationen über Jan Ullrich suchen. Allerdings fahre ich gerne Rad und deshalb werde ich jetzt auspacken, da mein Fast-Namensvetter aus verständlichen Gründen sein Schweigen nicht brechen will.

Liebe Radsport-Gemeinde, die ihr nun so erschreckt tut, da herauskommt, dass in den Adern der Radfahrer alles Mögliche, bloß kein normales Blut fließt, liebe Radsport-Gemeinde, wenn ihr schon einmal eine Radtour durch das Bergische Land gemacht hättet, mit seinen Bergen der fünften Kategorie, so wüsstet ihr, dass selbst blaues Blut nicht ausreicht, um die Tour de France durchzustehen, geschweige denn zu gewinnen. Einmal von der Kohlfurt hinauf nach Solingen und ihr wisst nicht mehr, woher ihr den Sauerstoff nehmen sollt, der in den Muskeln abgefackelt wird. Einmal von Unterburg hinauf nach Schloss Burg und ihr wünscht euch, ihr hättet noch einen halben Liter sauerstoffreiches Blut von einem nahen Verwandten als letzte Reserve in den Adern. Habt ihr euch noch nie gefragt, wer auf die Idee mit den Getränkebehältern in den Fahrrad-Rucksäcken gekommen ist? Ein Sportmediziner war es, der möglichst unauffällig seinem Schützling einen Tropf voller Epo mit auf den weiten Weg geben wollte. Habt ihr euch noch nie darüber gewundert, dass ihr wie ein abgestochenes Schwein blutet, wenn ihr auf der Abfahrt hinunter ins Lochbachtal stürzt, während die Fahrer bei der Tour de France nach einem Massensturz kaum einen Tropfen Blut verlieren? Dickes, klebriges Epo-Blut passt nämlich gar nicht durch eine Schürfwunde hindurch! Unsere dünne anabole Blutsuppe dagegen fließt so flüssig, dass wir die Blutung kaum stillen können.

Ich höre heute noch die Klagen über meinen Fast-Namensvetter, wenn dieser im Frühjahr nicht richtig auf Touren kam und alle Rennen verlor. Dabei rät das Deutsche Rote Kreuz doch jedem Blutspender, in der ersten Zeit auf große körperliche Anstrengungen zu verzichten. Irgendwann muss das Eigenblut ja gespendet werden, damit man bei der Tour genügend Vorräte hat. Ob er nun nach dem Winter fünf Kilo Speck zuviel oder einen Liter Blut zu wenig hatte – bei der Tour war Jan Ullrich dann jedenfalls immer topfit. Nur einer war immer besser: Lance Armstrong – er hatte das Siegen eben im Blut.