Die Profis der Nation empfangen das dreizehnte Modul

2000 Profis der Nation versammeln sich heute auf der Piazza der Volkswagenstadt Wolfsburg, um in einer feierlichen Zeremonie aus den Händen des Superministers Wolfgang Clement das dreizehnte Modul der Hartz-Kommission in Empfang zu nehmen.

Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis. Dieser Wahlspruch gehört längst nicht mehr den Sozialdemokraten allein. Denn wenn man in der Wirtschaft nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Workshop. Und wenn man dann trotz Workshop, Fortbildung und Seminarhopping dennoch entlassen wird, geht man eben zu Höller und lässt sich durch sein orgiastisches Tschaka! dazu motivieren, diesem Guru sein letztes Arbeitslosengeld zu spenden.

Wenn man aber gar nicht mehr weiter weiß, dann gründet man eine Kommission. So wurde z. B. die Hartz-Kommission aus lauterer Ratlosigkeit geboren. Und die Kommission, in der professionelle Arbeitskreisteilnehmer sitzen, also Leute, die wie Ursula Engelen-Käfer oder Dieter Hundt grundsätzlich nicht mehr weiter wissen, diese Kommission hat unter Leitung ihres Motivationstrainers die, wie es Hartz selbst verkündete, Bibel der Arbeitslosigkeit geschrieben.

In Wirklichkeit ist es keine Bibel, sondern eine Odyssee, weil sie wie das Werk des Hartz-Vorgängers Homer in zwölf Kapiteln, neudeutsch Module genannt, verfasst worden ist. Aufmerksame Leser des Sudelbuchs, also solche, die neben dem Sudelbuch auch die heiligen Module der Hartz-Kommission gelesen haben, werden nun den Finger heben und auf das dreizehnte Modul der Arbeitslosen-Odyssee verweisen, in dem Hartz ein dunkles, apokryphes Raunen anhebt und sich an die ›Profis der Nation‹ wendet. Von denen erhofft er sich weisen Rat und entschlossene Tat.

Und so hat Superminister Wolfgang Clement auf den heutigen Tag die Profis der Nation auf die Piazza der Volkswagenstadt zusammengerufen, um ihnen in einer feierlichen Zeremonie das bisher verborgene dreizehnte Modul der Hartzschen Irrfahrt in das Land der Lösungsfresser, der einäugigen Verbands- und Gewerkschaftszyklopen und das Meer der gefräßigen Reformskylla und der schrecklichen Sozialcarybdis zu überreichen. Und Super-Clement, den in Düsseldorf niemand vermisst, wird der Heerschar zurufen: »Profis der Nation, schaut auf diesen Staat!«

Falls die Profis der Nation nach diesem Blick auf unseren Staat nicht an ihrem Erbrochenen oder den erhöhten Steuern erstickt sind, sollen sie das Banner hochhalten und für Volkswagen, Volk und Vaterland vorausmarschieren und Arbeitsplätze schaffen.

Gerüchten zufolge will Superminister Clement und Superkommissionär Hartz jedem Profi mit dem dreizehnten Modul auch ein blaues Halstuch überreichen. Die Profis der Nation werden sich dann erheben und schwören.

  • Ich verspreche, ein guter Profi der Nation zu sein.
  • Ich will nach den Geboten der Hartz-Kommission handeln!
  • Wir Profis der Nation lieben unsere Verbände, unsere Gewerkschaften und unseren Blockadeföderalismus.
  • Wir Profis der Nation lieben unsere Verbandsvorsitzenden und Gewerkschaftsbosse.
  • Wir Profis der Nation lieben den Fiskus. Wir Profis der Nation halten Freundschaft mit den Profis der Sowjetunion und aller Länder.
  • Wir Profis der Nation bilden uns fleißig fort, sind ordentlich und diszipliniert.
  • Wir Profis der Nation achten alle arbeitslosen Menschen und helfen überall tüchtig mit, ihre Zahl zu vergrößern.
  • Wir Profis der Nation sind gute Amigos und helfen einander. Wir Profis der Nation singen und tanzen, spielen und basteln gern an unseren Sozialsystemen herum.
  • Wir Profis der Nation spielen Golf und fahren Golf.
  • Wir Profis der Nation tragen mit Stolz unser blaues Halstuch.
  • Wir Profis der Nation bereiten uns darauf vor, gute Kommissionsmitglieder zu werden.

Heute Abend, wenn die Profis der Nation im Feuerschein der Fackeln, die von 4 Millionen Arbeitslosen den Profis der Nation entgegengereckt werden, ihr blaues Halstuch und das dreizehnte Modul erhalten, wird ein Ruck durch unser Land gehen. Überall werden sich die Profis der Nation versammeln, um Arbeitslosen eine Fackel in die Hand zu stecken, damit auch sie Teil des großen Ganzen werden. Und weil Hartz um die Bedeutung der Bildung weiß, werden die vernachlässigten Schüler in unseren maroden Schulen zusammengefasst in einer optimistisch nach vorne schauenden Hartz-Jugend, deren Abkürzung den Rentnern von heute Tränen der Rührung abpresst und die Gewissheit, dass bald wieder Autobahnen gebaut werden, womit auch die Rentenreform obsolet wird.

Werfen wir einen Blick auf Wolfsburg, die Stadt der Bewegung, und warten wir andächtig, bis auch uns der Ruf ereilt, als Profi der Nation unseren bescheidenen Steuerbeitrag zur Genesung unseres Landes und Finanzierung der blauen Halstücher zu leisten. – Solingen den 13. November 2002