Der Name der Wurst

Die Sprachpolizisten, die von der EVP und anderen populistischen Parteien an die geräumigen Lobbytröge des EU-Parlaments abgeordnet wurden, haben in ihrer Futterkrippe beantragt, dass vegane Wurst und vegane Burger nicht mehr Wurst und Burger genannt werden sollen. Nur noch Wurst aus tierischen Leichenteilen soll Wurst heißen dürfen und zwar, wie sie nicht müde werden zu betonen, aus Wertschätzung für die Landwirtschaft.

Als wenn vegane Wurst nicht aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen gemacht würde! Wären die Antragsteller ehrlich, würden sie ihr Sprachverbot mit der Wertschättzung für Tiermäster und die Hersteller von pharmazeutischen Produkten für die Massentierhaltung begründen.

Die Inhaltsstoffe der Wurst blieben immer schon im Dunkeln. Der Volksmund weiß, dass nur der Metzger weiß, was in seiner Wurst ist. Früher mag diese Hoffnung, dass wenigstens ein Mensch auf Gottes weiter Erde wisse, was in der Wurst ist, berechtigt gewesen sein. Heute weiß nicht einmal der Metzger, was er in seine Wurst tut, denn höchstens der Tiermäster und sein Medikamenten-Dealer wissen, welche Hormon- und Antibiotika-Cocktails den Tieren gespritzt wurden. Und diese Information halten sie natürlich sorgfältig verschlossen.

Die Wurst war immer schon ein Mysterium. Von Menschen, die jenseits der Mauer aufgewachsen sind, hörte ich, dass die realsozialistische Leberwurst dort vom Volksmund mit dem grauen Klopapier des Ostens verglichen wurde.

Meine Eltern, die ihre Kindheit im Fliegenschiss der AfD verleben durften, waren bei der Auswahl ihres Metzgers jedenfalls sehr heikel. Denn sie wussten noch aus eigener Anschauung, dass das, was am Ende des Krieges und danach als Wurst auf dem Schwarzmarkt gegen Schmuck und andere Preziosen getauscht wurde, größtenteils aus veganen Zutaten hergestellt worden war. Das Wirtschaftwunder wird ja nicht umsonst eine scheinbar endlose fleischgierige Fressparty. Man hatte nach Krieg und Hungerjahren endlich wieder Hoffnung geschöpft, dass die Wurst überwiegend tote Tiere enthielt.

Wer also weiß, was in der Wurst ist, die er gerade isst, werfe den ersten Stein auf Firmen, die mit Brief und Vegan-Siegel garantieren, dass ihr Veggieburger oder ihre vegane Wurst kein Fleisch enthält.

Der Antrag und die öffentliche Berichterstattung darüber in den Medien, soll natürlich von den übrigen Punkten in der Landwirtschafts-Novelle ablenken, die geeignet wären, die Bevölkerung zu verunsichern. Diejenigen, die den Antrag der Sprachpolizisten ablehnen, werden denn auch im Radio als ziemliche Volltrottel dargestellt, die zum Beispiel der Meinung sind, dass die Verbraucher nicht dumm seien und wüssten, dass vegane Wurst kein Fleisch enthalte. Die Deppen sind jedenfalls nicht auf die Idee gekommen, einen Gegenantrag zu stellen und zu fordern, dass Wurst aus Tiermast künftig Antibiotika-Darm oder Hormon-Pimmel genannt werden muss, um den Verbraucher über die wichtigsten Inhaltsstoffe der europäischen Fleischindustrie aufzuklären. Aber vielleicht bin ich auch bloß von unseren Medien defizitär informiert, die ihre Mietmäuler und PR-Papageien immer noch Journalisten nennen dürfen.

Jedenfalls würde ich gerne einen Antrag im EU-Parlament einbringen, dass EVP-Abgeordnete erst dann wieder als Volksvertreter bezeichnet werden dürfen, wenn sie sich um das Wohl des Volkes kümmern. Bis dahin halte ich Lobby-Escort für einen recht präzisen Begriff, der die Wähler darüber aufklären würde, wen sie da wählen.