Selbstanzeige wegen Schreibens ohne Schreiblizenz

Hiermit möchte ich mich selbst bei der zuständigen Staatsanwaltschaft wegen Schreibens ohne Schreiblizenz anzeigen.

Sehr geehrter Herr Goppel,

im Zuge der Berichterstattung über die undichte Stelle im Vatikan haben Sie angekündigt, dem Chefredakteur des Magazins ›Titanic‹ die Schreiblizenz zu entziehen. Sie werden als ehemaliges Mitglied des Bayrischen Blasmusikverbandes sich zu diesem Schritt nicht leichtfertig durchgerungen haben. Ich vermute, dass Leo Fischer wiederholt gegen die Rechtschreibregeln verstoßen hat und sein Punktekonto in Flensburg voll ist.

Nun aber zu meinem Anliegen. Aus ihren Äußerungen entnehme ich, dass man zum Verfassen von Schriftgut in Deutschland eine Schreiblizenz benötigt. Mir war diese Tatsache nicht bewusst. Mit Bestürzung nehme ich daher zur Kenntnis, dass ich spätestens seit meinem sechsten Lebensjahr ohne Schreiblizenz und damit illegal schreibe. Mir ist klar, dass dies Konsequenzen nach sich ziehen muss. Um mit den Behörden vorbehaltlos zu kooperieren, möchte ich mich daher selbst anzeigen.

Leider ist mir nicht bekannt, bei welcher Staatsanwaltschaft ich diese Selbstanzeige einreichen muss. Welche Behörde ist für die Erteilung einer Schreiblizenz bzw. für die Verfolgung nicht lizensierter Schriftsteller verantwortlich? Wären Sie so freundlich, mir die zuständige Staatsanwaltschaft zu nennen oder mich an die für Schreiblizenzen verantwortliche Behörde zu verweisen, damit alles seinen ordentlichen Gang gehen kann?

Unwissenheit schützt nicht vor Strafe – dessen bin ich mir bewusst. Aber ich hoffe, dass die Behörden und Gerichte, die für Schreiblizenzen zuständig sind, meine Kooperationsbereitschaft beim Strafmaß berücksichtigen werden. Ich möchte auch betonen, dass die Notwendigkeit einer Schreiblizenz nicht nur mir bisher unbekannt war. Wenn hier ein Versäumnis des Staates vorliegt, so mein Anwalt, wirke sich das zusätzlich strafmildernd aus. Denn während die Verordnungen zur Rechtschreibung mit großem Aufwand in der Bevölkerung bekannt gemacht wurden, erinnere ich mich an keine staatliche Aufklärungsbroschüre zur Schreiblizenz.

Falls die Schreiblizenz jedoch nur in Bayern erforderlich ist, bitte ich Sie, dieses Schreiben als gegenstandslos zu betrachten. Ich lebe und schreibe in Nordrhein-Westfalen. Sollten bayrische Leser in den Genuss von Schriftgut kommen, das von einem in ihrem Land nicht lizensierten Schriftsteller stammt, so tut mir das sehr leid. Aber ich kann dafür selbstverständlich keine Verantwortung übernehmen. Ich denke, dass es Aufgabe des Staates ist, seine Bürger durch Einfuhrverbote und Internetsperren vor dem Schriftgut von in Bayern nicht zugelassenen Schriftstellern zu schützen.

Um in einem solchen Fall meinen bayrischen Mitbürgern zukünftig den legalen Zugang zu meinen Texten zu ermöglichen, würde ich gerne eine Schreiblizenz für den Freistaat beantragen. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um die Schreiblizenz für den Freistaat Bayern zu erhalten? Ich habe Abitur und kann ein abgeschlossenes Studium vorweisen. Ich halte mich an die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung. Und ich versichere, dass ich die Worte ›Papst‹ und ›Limonade‹ nie in einem Satz verwende. Sollten weitere Bedingungen zu erfüllen sein, teilen Sie mir diese bitte mit.

Mir ist bewusst, mit diesem Brief erneut Schriftgut ohne Schreiblizenz verfasst zu haben. Aber diese wenigen Zeilen werden die Sau, die Sie durchs Dorf treiben, sicher nicht fett machen.

Herzlichst Ihr

juh