Verletzung areligiöser Gefühle

Seit Jahren fühle ich mich in meinen areligiösen Gefühlen verletzt, wenn ich im Fernsehen die Pavlowschen Springteufel sehen muss, die bei jeder Gelegenheit auf die Straße rennen und die Friedfertigkeit ihrer Religion durch die Verbrennung von Fahnen und Strohpuppen zur Schau stellen. Jedesmal wenn George W. Bush den Mund zu einer neuen Lüge aufmacht oder das Grinsegesicht Tony Blair behauptet, jederzeit vor seinen Schöpfer treten zu können, um seine Taten zu rechtfertigen, wird mein areligiöses Gefühl verletzt. Und es wird verletzt, wenn der ehemalige Großinquisitor und aktuelle Papst Gotteslästerung unter Strafe stellen will. Auf meine areligiösen Gefühle nimmt keiner Rücksicht. Soll ich jetzt auch auf der Straße herumkrakeelen, Kofferbomben basteln oder Filmregisseure ermorden? Vermutlich, wie soll man sich sonst unter den ganzen Irren behaupten?

Nun hat der Papst einen christlichen Kaiser aus der Kreuzfahrerzeit zitiert, der einen Perser fragt, was Mohammed denn Neues gebracht habe außer Schlechtes und Inhumanes, wie die Vorschrift, den Glauben durch das Schwert zu verbreiten. Der Pavlowsche Reflex ließ nicht lange auf sich warten. Die obligatorische Strohpuppe wurde kurzerhand zur Papstpuppe deklariert und mit dem ebenso obligatorischen Hass verbrannt wie andere Puppen zuvor. Nun wusste der byzantinische Kaiser noch nichts von den Scheiterhaufen der Inquisition, sonst hätte er vielleicht den christlichen Päpsten die gleiche Frage gestellt, dennoch sollten die Moslems einmal in sich gehen, bevor sie wieder außer sich auf der Straße herumhüpfen, wenn ihr Verhältnis zur Gewalt in Frage gestellt wird.

Details sagen manchmal mehr aus als theologische Analysen. Die Kofferbomber haben ihren Bomben Stärkepulver hinzugemischt, um die Leiden der Opfer durch besonders tiefgehende Verbrennungen zu verstärken. Sie wollten damit gegen die Mohammed-Karikaturen protestieren und die Verletzung ihrer religiösen Gefühle zum Ausdruck bringen. Was ist das für eine Religion, die so einen Hass hervorbringt? Was ist das für eine Religion, die man nur unter Lebensgefahr kritisieren kann?

Als Atheist schert man gerne alle Religionen über einen Kamm, doch die Unterschiede zwischen den großen Weltreligionen sind momentan leider nicht zu übersehen. Nun höre ich bereits die Religionswissenschaftler und Appeasement-Plauderer ihre Zeigefinger erheben: Wirf nicht alle Muslime in einen Topf. Ihr habt ja Recht: Nicht jeder Muslim ist ein Terrorist, aber alle diese Terroristen sind Muslime. Und solange aufgebrachte Muslime in aller Welt ihre obligatorischen Strohpuppen nicht einmal als Islamistenpuppen einkleiden, weil die islamistischen Terroristen mit ihren Morden das religiöse Empfinden der Muslime beleidigen, glaube ich nur an das, was ich sehe: und das ist Mord und Terror im Namen des Islams.

Bleibt der Papst und seine Rede. Islam bedeutet Unterwerfung. Hat sich der Papst mit seiner Entschuldigung bereits unterworfen? Der Papst, der bekanntlich Mohammed-Karikaturen unter Strafe stellen will und damit dem Islam näher steht als es momentan den Anschein hat, vielleicht nicht. Aber die Deutsche Oper in Berlin hat sich ganz gewiss unterworfen, als sie Mozarts »Idomeneo« in der Inszenierung von Neuenfels vom Spielplan nahm, weil sich Teile der Inszenierung mit den großen Weltreligionen und damit auch mit dem Islam auseinander setzen. Bis vor kurzem hat die Intendantin Kirsten Harms das Stück in der Reihe »Klassik is’ Cool!« noch ab Klasse 10 empfohlen. Das verletzt sogar unsere kulturellen Gefühle! Lasst uns eine Intendantinnen-Puppe verbrennen!