Das Microsoft-Auto und SM Kohl 5.0b

Bei einer Messe hat Bill Gates die Computerindustrie mit der Autoindustrie verglichen: »Wenn General Motors mit der Technologie so mitgehalten hätte wie die Computerindustrie, dann würden wir heute alle 25-Dollar-Autos fahren, die 1000 Meilen pro Gallone Sprit fahren würden.« Daraufhin veröffentlichte General Motors folgende Presseerklärung:

Wenn Microsoft Autos bauen würde, dann hätte dieses Produkt folgende Eigenschaften:

Ein Auto von Microsoft würde ohne erkennbaren Grund zweimal am Tag einen Unfall haben.

Jedesmal, wenn die Linien auf der Straße neu gezeichnet werden, müsste man ein neues Microsoft-Auto kaufen.

Gelegentlich würde ein Microsoft-Auto ohne erkennbaren Grund auf der Autobahn einfach ausgehen. Man würde das jedoch akzeptieren, neu starten und weiterfahren.

In Linkskurven geht das Auto einfach aus und weigert sich neu zu starten. Erst nach einer Neuinstallation des Motors kann man weiterfahren.

Man kann nur alleine im Microsoft-Auto sitzen, es sei denn, man kauft ›Microsoft Car95‹ oder ›Microsoft CarNT‹ und zahlt für jeden Sitz extra.

Microsoft-Autos müssen mit den speziellen Rädern einer Microsoft-Tochter ausgestattet werden. Wählt man andere Räder fährt das Auto nur halb so schnell und die Bremsen funktionieren nicht.

Immer dann, wenn ein neues Microsoft-Auto vorgestellt wird, müssen alle Autofahrer das Autofahren neu erlernen, weil keiner der Bedienhebel genauso funktioniert wie in dem alten Auto.

Beim Betanken fängt sich das Microsoft-Auto immer wieder tödliche Viren ein, fliegt auseinander und muss neu zusammengesetzt werden.

Das Microsoft-Auto wäre so beliebt, dass 95 % aller Autofahrer ein Microsoft-Auto fahren. Die restlichen 5 % würden sich strikt weigern, in ein Microsoft-Auto einzusteigen. Sie kaufen stattdessen lieber ein teures Mac-Mobil oder fahren mit der kostenlosen Linuxsine.

Ich habe die ganze Zeit überlegt, was passieren würde, wenn die Politik mit der Computerindustrie Schritt gehalten hätte. Begriffe wie Netzwerk und Seilschaft sind ja durchaus synonym, so dass ein Vergleich nicht schwer fallen dürfte.

Da Kohl in die fünfte Legislaturperiode eintreten will, heißt das Programm der CDU schlicht und einfach SM Kohl 5.0b. Beta, weil das Programm erst noch den Betatest der Wähler bestehen muss. Kohl 5.0b kommt als Bundle mit einem Freien Demo-Programm, kurz F.D.P., daher. Das Programm F.D.P. läuft im Hintergrund und hat keinerlei Funktionalität. Allerdings kann man ohne F.D.P. Kohl 5.0b nicht starten. Die Fertigstellung von F.D.P. v9.0 (9. Legislaturperiode) ist allerdings gefährdet, weil kaum noch 5 % der Programmierer mit diesem Programm zu tun haben wollen.

Die SPD-Opposition kam lange nicht aus den Startlöchern. Ihr Programm MAC-Godesberg war hoffnungslos veraltet. Erst mit der Verpflichtung des neuen Hoffnungsträgers Steve Schröder kam Schwung in die alte Tante.

Schröder implementierte kurzerhand seinen offenen Machtkernel als Schrittmacher (Openstep) in das schwerfällige alte MAC-OS. Sein bunt gemischtes Programm bietet für jeden etwas und lässt sich in keine Schablone pressen, weshalb man ihm zunächst den treffenden Arbeitstitel ›Rhapsody‹ gab. Als sich jedoch die Stammwähler nicht an das neue Outfit gewöhnen konnten, taufte man es kurzerhand um in SPD X.

Die Grünen, deren freies Programm Greenux seit einigen Jahren stabil läuft, müssen sich immer wieder gegen diverse Vorwürfe der Sado-Maso-orientierten Presse erwehren. Wegen der Multitaskingfähigkeit von Greenux kommt es immer wieder zu widersprüchlichen Äußerungen der Parteispitze. Zwar wird Greenux von Fachleuten immer wieder gelobt, doch 90 % der Bevölkerung traut sich keinen Umstieg auf das stabilere und schnellere Greenux zu.

Bleibt noch die PDS, die im September erneut versuchen wird, ein system- und plattformunabhängiges Programm zu entwickeln. Die Aussichten dafür sind nicht günstig. Für spezielle Anwendungen aber, wie z. B. Ostalghia und IM-Sessions, ist und bleibt PDS 2.0 immer noch das Betriebssystem der Wahl. – Solingen 28. Juli 1998