Wer warum gegen das bedingungslose Grundeinkommen ist

In der Schweiz könnte es bald einen Volksentscheid über das bedingungslose Grundeinkommen geben, schrieb die ZEIT und porträtierte den Ex-Banker Klaus Wellershoff, der sich für das BGE stark macht.1 Das allein macht den Artikel schon interessant. Hellhörig wurde ich jedoch, als in dem Artikel Ralf Krämer, ein Gewerkschafter von Verdi zitiert wurde, der vehement das BGE bekämpft.

»Krämer kann gar nicht alle Argumente gegen das Grundeinkommen aufzählen, so viele sind es. Es würde den Wert der Arbeit mindern, die Löhne kaputt machen, Leute würden entlassen, da alle ja abgesichert seien.«2

Da ich bisher noch keinen Gewerkschafter kenne, der das BGE befürworten würde, überrascht die Ablehnung nicht. Die Argumente sind allerdings in höchstem Maße absurd. Für Gewerkschafter liegt der Wert der Arbeit wohl im Kampf ums Dasein. Denn nur dann ergibt sein Argument Sinn. Komplett neben der Spur ist auch das Argument, dass das BGE die Löhne kaputt machen und Leute entlassen würden. Es ist doch das genaue Gegenteil zu erwarten. Wenn ich nicht mehr aus Existenzangst gezwungen bin, jede Arbeit anzunehmen, egal wie niedrig der Lohn oder wie schlecht die Arbeitsbedingungen sind, dann werden die Löhne zwangsläufig steigen, damit bestimmte Arbeiten überhaupt noch erledigt werden. Gerade in vielen Billiglohnsektoren, wo wir obendrein nicht selten katastrophale Arbeitsbedingungen vorfinden, wird das BGE dazu führen, dass die Löhne steigen und die Bedingungen sich verbessern. Arbeit mit hohem Sozialstatus oder einem hohen Grad an Selbstverwirklichung wird dagegen weiterhin stark nachgefragt werden, auch wenn das BGE den Lebensunterhalt sichert, sodass hier Löhne und Gehälter stabil bleiben dürften oder sogar leicht sinken würden. Das BGE wäre also viel wirksamer als ein flächendeckender Mindestlohn, für den sich unsere Gewerkschaften so gerne engagieren.

Kündigungsschutz und intrinsische Arbeitsmotivation

Sehr viel eher könnte ich nachvollziehen, wenn Unternehmer gegen das BGE argumentieren und steigende Löhne und anspruchsvollere Arbeiter und Angestellten fürchten. Denn dank des bedingungslosen Grundeinkommens werden die Menschen nur noch aufgrund intrinsischer Motivation arbeiten gehen. Für Arbeitgeber dürfte es also entscheidend sein, dass mit der Einführung des BGE jeglicher Kündigungsschutz wegfällt. Denn nur so können sich Unternehmen schnell von unmotivierten Mitarbeitern trennen. Der Kündigungsschutz wäre nach der Einführung des BGE im Großen und Ganzen überflüssig, könnte also komplett gestrichen oder wenigstens stark vereinfacht werden. Dies würde Unternehmen erheblich mehr Flexibilität geben, sodass selbst Arbeitgeber indirekt vom BGE profitieren können.

Vielleicht fürchtet Ralf Krämer von Verdi ja, dass es Menschen geben wird, die nahezu umsonst für bestimmte Unternehmen arbeiten werden, einfach weil es ihnen Spaß macht. Dies ist in der Tat nicht auszuschließen. Zwar sprechen die Befürworter des BGE davon, dass das BGE die ehrenamtliche Tätigkeit stärken wird. Es ist aber ganz und gar nicht ausgemacht, dass sich die ehrenamtliche Tätigkeit vorwiegend im sozialen Bereich auswirken wird. Auch wenn dies in unserer heutigen Welt absurd klingt – wenn es ein BGE gibt, kann ich auch ehrenamtlich für ein Unternehmen meiner Wahl arbeiten: zum Beispiel weil ich seine Produkte und Dienstleistungen schätze. Aber so viel Freiheit darf doch sein, oder?

Gewerkschaften – das erste Opfer des BGE

Der Grund, warum ein Gewerkschafter gegen das bedingungslose Grundeinkommen ist, liegt also sicher ganz woanders. Vermutlich fürchtet er um seine Existenz als Gewerkschafter. Gewerkschaften dürften nach Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ihre Bedeutung vollends verlieren. Was würde eine Gewerkschaft noch erreichen wollen, wenn Löhne und Gehälter gerade im Niedriglohnsektor deutlich steigen und Angestellte und Arbeiter Entlassungen gelassen entgegen sehen können, da das BGE sie und ihre Familien absichert?

Literatur

Mayer, Verena: Schweiz: Warum ein Ex-Banker für ein Bürgergeld kämpft. In: Die Zeit (2011). Internet: http://www.zeit.de/politik/2011-08/geberqualitaeten-hinterm-hori. Zuletzt geprüft am: 18.9.2014.

Fußnoten


  1. Mayer, Verena: Schweiz: Warum ein Ex-Banker für ein Bürgergeld kämpft. In: Die Zeit (2011). Internet: http://www.zeit.de/politik/2011-08/geberqualitaeten-hinterm-hori. Zuletzt geprüft am: 18.9.2014. ↩︎

  2. Ebd. ↩︎