Vergewaltigungen unbedingt quittieren lassen

Am Samstag hat sich eine Algerierin im Frankfurter Flughafen erhängt. Die stark frequentierte Drehscheibe im internationalen Flugverkehr ist bekanntlich das letzte auf deutschem Boden noch voll funktionsfähige Konzentrationslager, in dem allerdings nur noch die ganz besonders bösartigen Feinde des deutschen Volkes interniert werden.

Die Algerierin hat Asylbetrug begangen, ein Verbrechen, für das deutsche Stammtische seit Jahren eine Endlösung fordern. Sie gab vor, als Frau eines Regimegegners von algerischen Polizisten mehrfach geschlagen und vergewaltigt worden zu sein. Da sie sich aber nicht an den genauen Termin der ersten Vergewaltigung erinnern konnte, wurde ihr Asylantrag abgelehnt und sie umgehend eingesperrt. Acht Monate war sie in Frankfurt inhaftiert, bis man sie am Samstag tot unter der Dusche fand. Ein heikles Detail.

Jedem politisch Verfolgten kann man daher nur dringend empfehlen, sich jede Foltersitzung und Vergewaltigung quittieren zu lassen, weil ohne Quittung der Anspruch auf Asyl in Deutschland erlischt und im Frankfurter Flughafen das zu Ende gebracht wird, was im Heimatland versäumt wurde.

Damit in den Asylverfahren endlich ein wenig deutsche Ordnung einkehrt, erwägt die Bundesregierung, vorgedruckte Formulare an Regimegegner in aller Welt auszugeben. Als potentielle Folteropfer sollten Regimegegner dieses Formular stets bei sich tragen. Das Formular enthält eine Liste aller bekannten Folter- und Vergewaltigungsmethoden. Der Regimegegner braucht dann lediglich die zuständigen Folterer und Vergewaltiger zu bitten, die einzelnen Folter- und Vergewaltigungsmethoden anzukreuzen und mit Stempel und Unterschrift den Vollzug der Folter oder Vergewaltigung zu beglaubigen.

Allerdings soll es in den Reihen der Regierung auch Kritiker geben, die vor solchen Vordrucken warnen. Die Folterknechte könnten die auf dem Formular vermerkten und für Analphabeten mit kleinen Zeichnungen versehenen Foltermethoden als Inspiration und Arbeitsanleitung missbrauchen, wodurch die Lage des Folteropfers zwar eindeutiger, aber nicht unbedingt leichter würde. Zudem könnten deutsche Gerichte misstrauisch werden, wenn in dem Folter- und Vergewaltigungsformular jede Foltermethode angekreuzt wäre, da dies ja meilenweit gegen den Wind nach Asylbetrug stinken würde. Die Opposition ist selbstverständlich gegen ein solches Quittungsformular. Sie fürchtet, dass Asylbetrüger Stempel und Unterschrift der Folterabteilungen fälschen könnten, um es sich im sozialen Netz in Deutschland bequem zu machen. Sie fordert, nur noch staatlich anerkannte und in Deutschland ausgebildete Fachkräfte als Folterer und Vergewaltiger anzuerkennen. Statt eines simplen Formulars sei ein maschinenlesbarer Ausweis notwendig, mindestens aber eine fälschungssichere Tätowierung, die sich zwischen 1933 und 1945 millionenfach bewährt habe. Ein Ende des Streites ist nicht abzusehen, so dass die Situation für Asylbewerber weiterhin unsicher bleibt.

Menschenrechtsorganisationen überlegen deshalb auch schon, ob sie nicht aus humanitären Gründen die komplette Abschaffung des Asylrechts in Deutschland fordern sollen. Denn immer wieder würden Verfolgte dem folgenschweren Irrtum erliegen, in Deutschland Asyl zu bekommen. Statt einen schönen Schein aufzubauen, wäre es menschlicher, so behaupten sie, mit Hilfe von Plakatkampagnen in aller Welt darauf hinzuweisen, dass man schon sehr viel Glück haben muss, Deutschland wieder lebend zu verlassen. So ganz im Unrecht sind diese Kritiker des Asylrechts nicht. Denn zurzeit entscheiden die Asylverfahren weniger darüber, ob jemand als politisch Verfolgter den Schutz deutschen Asyls in Anspruch nehmen darf, sondern vielmehr darüber, ob Asylbewerber und Asylanten als Menschen zweiter Klasse oder gleich als Untermenschen behandelt werden. – Solingen 10. Mai 2000