Lokale Programm-MVs statt SMV

Jede Alternative zum basisdemokratischen Bundesparteitag der Piratenpartei muss sicherstellen, dass mehr und nicht weniger Piraten an der politischen Willensbildung beteiligt werden. Ob eine Ständige Mitgliederversammlung in Liquid Feedback das leisten kann, ist angesichts der aktuellen Beteiligung an LQFB fraglich. Ich stelle in diesem Text ein alternatives Vorgehen vor: lokale Programmkonferenzen in einer Kreismitgliederversammlung.

Erarbeitung von Programmvorschlägen

Programmvorschläge werden wie bisher in Liquid Feedback oder von AGs/AKs erarbeitet. Alle drei Monate werden die Anträge mit der höchsten Zustimmung in einem Programmpaket zusammengefasst. Ein Programmpaket enthält ca. sechs Anträge, auf jeden Fall eine sehr begrenzte Zahl von Anträgen. Jeder einzelne Antrag und das gesamte Programmpaket erhalten eine eindeutige Identifikationsnummer.

Abstimmung der Anträge in lokalen Konferenzen

Jedes Quartal wird ein Programmpaket auf die Reise geschickt, damit möglichst viele Piraten in lokalen Programmkonferenzen über die im Paket enthaltenen Anträge abstimmen können. Dazu werden auf Kreisebene Mitgliederversammlungen organisiert.

Wer an einer solchen lokalen Programmkonferenz teilnehmen will, muss sich, wie auf dem Parteitag, akkreditieren. Mitglieder, die sich für eine lokale Programmkonferenz akkreditiert haben, können sich nicht mehr für andere Programmkonferenzen akkreditieren.

Auf der Programmkonferenz werden die Programmanträge in der gleichen Weise diskutiert, wie auf dem Bundesparteitag und schließlich abgestimmt. Alle abgegebenen Stimmen werden registriert und das Ergebnis an den Vorstand gemeldet.

Summierung aller Stimmen

Alle Stimmen werden summiert. Es wird also nicht nach Kreisen abgestimmt, sondern jede einzelne Stimme zählt.

Es kann ein Quorum festgelegt werden. Ein Programmpaket gilt nur dann als abgestimmt, wenn es zum Beispiel in zwei Dritteln aller Kreise behandelt wurde.

Bekanntgabe der Ergebnisse

Nach der Auszählung der lokal abgegebenen Stimmen, gibt der Vorstand das Ergebnis bekannt.

Auswirkungen

Ich möchte hier nicht vorschnell von Vor- und Nachteile sprechen. Denn sobald wir etwas als Vor- oder Nachteil bezeichnen, urteilen wir – und zwar meist aufgrund unserer bisherigen Gewohnheiten. Ob es sich dabei wirklich um einen Vor- oder Nachteil handelt, können wir oft erst sehr viel später wirklich beurteilen. Dies vorausgeschickt, sehe ich folgende Auswirkungen:

  • Der Aufwand für den einzelnen Piraten reduziert sich drastisch. Jeder Pirat kann in seinem Kreis über das Bundesprogramm mitentscheiden. Es fallen keine großen Reisekosten an.
  • Die Grundgesamtheit der abstimmenden Piraten wird steigen. Dadurch können die Ergebnisse repräsentativer werden.
  • Kreismitgliederversammlungen, auf denen über das Bundesprogramm abgestimmt werden kann, sind leicht zu erreichen und haben eine hohe Attraktivität, weil wichtige programmatische Entscheidungen gefällt werden. Dadurch können vor Ort vielleicht mehr Piraten als bisher motiviert werden, sich politisch aktiv zu beteiligen.
  • Die Piraten begegnen sich, wie auf dem Bundesparteitag, in Person und direkt, während sie sich in LQFB nur virtuell begegnen. Das hat eine andere Diskussionskultur zur Folge.
  • Die Entscheidungsfindung wird zeitlich gestreckt. Auf einem Parteitag wird in einem ganz engen Zeitfenster abgestimmt. Die Tagesform entscheidet. Es ist wie bei Olympia. Bei lokalen Versammlungen gleicht der Entscheidungsprozess eher einem mehrmonatigen Weltcup oder der Formel eins, wo sich der Gewinner in vielen einzelnen Wettbewerben gegen die Konkurrenz durchsetzen muss.
  • Der Diskussionsverlauf wird auf jeder lokalen Versammlung anders sein. Argumente, die auf einer Versammlung vorgebracht werden, sind nicht automatisch auf einer anderen Versammlung präsent.
  • Durch die zeitliche Streckung werden die Versammlungen nicht gleichzeitig veranstaltet werden. Ergebnisse aus bereits erfolgten Versammlungen können den Verlauf nachfolgender Versammlungen beeinflussen. Ob dies ein Vorteil oder ein Nachteil ist, möchte ich hier wie gesagt nicht entscheiden.
  • Es muss ein Zeitfenster definiert werden, bis wann ein Programmpaket auf Kreisebene abgestimmt sein muss. Es könnte drei Monate betragen. Für die Mitglieder vor Ort ist es eine Herausforderungen viermal im Jahr eine Kreismitgliederversammlung zu veranstalten.
  • Die lokale Presse hat viermal im Jahr einen Anlass über die lokale Programmkonferenz zu berichten.
  • Die überregionale Presse hat viermal im Jahr einen Anlass über die Endergebnisse zu berichten.