Die von dem Amt leben

Christian Wulff ist ein Berufspolitiker. Berufspolitiker leben von dem Amt, das sie bekleiden, nicht für das Amt.

In der Causa Wulff wurde häufig darauf hingewiesen, dass Wulff sich nicht für das Amt des Bundespräsidenten eigne, weil er parteipolitisch gebunden sei. Dieser Vorwurf ist so nicht haltbar. Die meisten Bundespräsidenten waren parteipolitisch gebunden. Und mit Richard von Weizäcker und Johannes Rau1 waren auch ein ehemaliger Regierender Bürgermeister und ein Ministerpräsident unter Wulffs Vorgängern. Aktives Parteimitglied zu sein, ist für einen Bundespräsidenten der Normalfall nicht die Ausnahme.

Doch Wulff ist anders. Wulff ist seit seiner Schulzeit, als er in die Schüler-Union eintrat, Berufspolitiker. Er lebt von der Politik, und er lebt von den Ämtern, die er besetzt. Dass dies im buchstäblichen Sinne zu verstehen ist, verdrängt man gerne, dabei ist Wulff nicht der erste Berufspolitiker, der aufgrund finanzieller Interessen in der Politik tätig ist.

Dass der Berufsstand des Politikers mehr zu bieten hat, als Diäten, Aufwandsentschädigungen und Gehälter, erfährt der Bürger nicht gerne, denn er betrachtet Politiker gerne als Dienstleister2, die ausschließlich für ihn und nicht für die Interessen Dritter tätig sein sollen. Immerhin bezahlt er, der Bürger, seine Politiker dafür, dass sie für ihn arbeiten. Man stelle sich einen Anwalt vor, der nicht nur von seinem Mandanten Geld annimmt, sondern auch von dessen Gegner. Oder einen Taxifahrer, der seinen Fahrgast nicht ins Hotel, sondern in eine Seitenstraße fährt, wo ganz andere Geld- und Auftraggeber mit Knüppeln und Messern bewaffnet schon auf den Fahrgast warten.

Wulff erscheint nicht nur als Parteipolitiker, sondern als Berufspolitiker, der jeden Vorteil mitnimmt, der ihm seine Position verschafft. Dabei zeigt er eine ausgeprägte Krämerseele. Hier ein kleiner Vorteil, da ein kleiner Vorteil. Was ist schon dabei? Und seine Frau scheint aus dem gleichen Holz geschnitzt zu sein. Ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen trägt sie geschenkte Klamotten.3 Es lebt sich gut vom Amt des Mannes.

Menschen, die für ein Amt leben, gehen ganz in ihm auf. Sie füllen es aus. Politik ist für sie Berufung, nicht Beruf. Sie haben eine Sendung und warten nicht auf die nächste Sendung teurer Kleidung. Bei Wulff hat man nie den Eindruck, dass er Politiker aus Überzeugung geworden ist oder weil er etwas ändern wollte. Bei ihm hat man das Gefühl, dass ihn die Diäten und die reichen Freunde gelockt haben. Er ist damit nicht allein. Schröder war genauso. Er hat es nur in seiner Anfangszeit mit viel Chuzpe besser verbergen können. Aber er war der Armani-Kanzler und hat in Putin endlich den Freund gefunden, der ihm die ganz große Geldschatulle aufschließen konnte. Wulff würde nie Armani tragen und teure Zigarren rauchen, seine Freuden und Freunde sind provinzieller als die seines niedersächsischen Kollegen. Vor allem aber hat er im Gegensatz zu Schröder den Fehler begangen, ein Amt anzunehmen, in dem moralische Integrität gefragt ist und sonst nichts.

Literatur

Gesponserte Luxus-Kleider. In: WAZ. 2012. Internet: http://www.derwesten.de/panorama/gesponserte-luxus-kleider-id6220622.html. Zuletzt geprüft am: 18.9.2014.

Fußnoten


  1. Vgl. Warum Gauck? ↩︎

  2. Vgl. Lieber Bürger, wir müssen reden ↩︎

  3. Gesponserte Luxus-Kleider. In: WAZ. 2012. Internet: http://www.derwesten.de/panorama/gesponserte-luxus-kleider-id6220622.html. Zuletzt geprüft am: 18.9.2014. ↩︎