Professorin der Nation

Ich kenne Gesine Schwan nicht. Ich kannte auch Horst Köhler nicht, als er zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Das muss etwas mit dem Amt zu tun haben.

Wenn es stimmt, was so über Gesine Schwan geschrieben wird, dann werden die Sozialdemokraten den Tag verfluchen, an dem sie gewählt wurde. Denn wem es so auf Zusammenhänge ankommt wie Gesine Schwan, wird den Hampelmännerverein SPD, der jede Woche eine neue tote Sau durchs Dorf trägt, vermutlich tagtäglich geißeln müssen. Bloß in die Vita von Kurt Beck wird die Nominierung von Schwan vielleicht als der einzige Lichtblick seiner trostlose Amtsperiode eingehen. Und das Volk wird Bauklötze stauen über die Dinge, die sie sagen wird und die vielleicht 5 % der Bevölkerung, also die 5 %, die nie ins Parlament kommen, verstehen können. Das Amt des Bundespräsidenten war ja immer schon eine Art bundesdeutscher Professorenstuhl, von dem aus an Feiertagen Volksvorlesungen gehalten wurden, die ab und an im Feuilleton ruminiert und dann schnell vergessen wurden. Falls Gesine Schwan diesen höchsten Lehrstuhl der Nation bekommt, werden die Vorlesungen vielleicht wieder interessanter. Horst Köhler war jedenfalls eine Enttäuschung.

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Gesine Schwan gewählt wird. Wie soll die Ex-SED, deren Stimmen für eine Wahl ja wohl notwendig sein werden, eine Antikommunistin wählen, die von Willy Brandt wegen ihrer Kritik an der Ostpolitik aus der Grundwertekommission geworfen wurde? Wie sollen die Linken, die die NATO abschaffen wollen, eine Frau wählen, die für den NATO-Doppelbeschluss eingetreten ist? Wie sollen die Gottlosen aus dem Osten eine Katholikin wählen? Wie kann überhaupt jemand außerhalb der CDU die ideale CDU-Kandidatin wählen? Kein Wunder, wenn die CDU Gift und Galle spuckt. Da präsentiert man ihr die ideale CDU-Kandidatin und sie hat sich gerade wieder auf den Schwafler festgelegt. Im Grunde dürfte Schwan dann in der Bundesversammlung lediglich von einer kleinen Minderheit aus katholisch-sozialen, intellektuellen, polenfreundlichen Antikommunisten gewählt werden. Diese Leute müsste man an einer Hand abzählen können.