Gepisakt

Heute kaufte ich mir mal wieder die ›taz‹. Gleich auf der ersten Seite sprang mir folgende Überschrift entgegen: »Deutschland spart sich dumm«. In dem Artikel ging es um die heute veröffentlichte OECD-Studie, nach der sich der Bildungsnotstand in Deutschland weiter verschlimmert habe. »Deutschland spart sich dumm«: bei dieser Überschrift fällt zunächst auf, dass sie eigentlich im vollendeten Perfekt stehen müsste. Richtig abgründig wurde sie mir jedoch, als ich eine kleine Meldung auf Seite 2 las, in der eine Studie zitiert wurde, die Sat.1 in Auftrag gegeben hat. Nach dieser Umfrage wollen neun von zehn Frauen einen intelligenten Partner haben. Da kann man nur sagen: Dumm gelaufen! Heerscharen deutscher Frauen werden wohl demnächst über kanadische, finnische oder polnische Akademiker herfallen müssen, um sie vor den Traualtar zu schleifen.

Die Studie bestätigt ein altes Vorurteil: Frauen möchten versorgt sein. Und in der modernen Wissensgesellschaft wird Intelligenz immer wichtiger. Das hat das weibliche Geschlecht natürlich frühzeitig erkannt. Nur jede fünfte Frau möchte einen muskulösen Partner. Ob es sich bei diesen Frauen nun um besonders dumme Exemplare handelt oder vielmehr um geschäftstüchtige Erfolgsfrauen, die keinen Versorger sondern einen Besorger brauchen, wird in der Studie nicht beantwortet.

Nun darf man Bildung und Intelligenz nicht einfach in einen Topf werfen. Intelligenz ist angeboren, lediglich die Bildung wird zumindest außerhalb Deutschlands in der Schule erworben. Lasst also den Mut nicht sinken!, möchte man den pubertierenden Schülern in den deutschen Schulen zurufen, die zu Männern heranreifen und dann um die Gunst einer Frau werden buhlen müssen. Auch wenn ihr weder lesen noch schreiben könnt, ihr habt immer noch eure natürliche Intelligenz!

Außerdem wollen Frauen gar keine gebildeten Männer. Bildung macht nicht satt. Bildung stählt nicht für den Kampf um die billigsten Sonderangebote. Frauen wollen Männer, die intelligent genug sind, den Kampf mit den Widrigkeiten des deutschen Alltags erfolgreich zu bestehen. Männer, die ihre Lebensversicherung und die Sparbücher der Kinder vor Hartz IV in Sicherheit bringen können. Männer, die wissen, wie man aus der Arbeitslosenunterstützung, einer geregelten Schwarzarbeit und der Eigenheimzulage eine soziale Hängematte knüpft. Männer, die klug genug sind, um Fördergelder zu kassieren, Steuerschlupflöcher auszunutzen und das so zusammengeraffte Vermögen gekonnt in der Schweiz bunkern. An solchen Männern herrscht wahrlich kein Mangel, soviel Subventionsintelligenz findet sich in Deutschland allemal. Da braucht keiner Frau bange zu werden!

Deutsche Frauen nehmen das Thema Liebe und Partnerschaft sehr ernst. Beim Jawort verstehen sie keinen Spaß. Deshalb wünschen sich in der Studie auch satte Nullkommanull Prozent der befragten Frauen einen Mann mit Humor. Ob Sat.1 nach dieser altmodischen Tugend erst gar nicht fragen ließ, weil für Klamauk ohnehin das Privatfernsehen zuständig ist, oder ob es den Frauen beim Gedanken an männlichen Humor bloß fürchterlich graust, schrieb die ›taz‹ leider nicht.

Kommen wir aber noch einmal auf die OECD-Studie zu sprechen. Wie haben wohl unsere föderalen Kulturhoheiten auf die erneute Schelte reagiert? Sie waren selbstverständlich ›not amused‹. So schimpfte die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU) über den Bildungsbericht wie ein griechischer Athlet über die lästigen Dopingkontrollen: »Wir brauchen kein Zeugnis von außen!« Und mit ministerialer Ironie fügte sie hinzu, die Kritik des Pisa-Experten Andreas Schleichers sei von keiner Sachkenntnis getrübt. Schleicher, das sei dazu gesagt, ist bei der OECD Leiter der Abteilung für Analysen und Bildungsindikatoren; Karin Wolff war Religionslehrerin, bevor ihr der Kreis, in dem sie Unheil anrichten konnte, zu eng wurde und sie wie so viele Lehrer in die Politik ging.

Aus der CDU erklingt wie in letzter Zeit üblich auch diesmal ein mehrstimmiges Pfeifen im Walde. Während neben der Religionslehrerin Wolff auch die ehemalige Religionsfunktionärin und heutige Kultusministerin von Baden-Württemberg, Frau Dr. Schavan, die Studie kritisierte, nannte Jürgen Rüttgers, Berufspolitiker ohne jede Lehrererfahrung, sie reflexartig eine rotgrüne Bankrotterklärung.

Und die sozialdemokratische Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, in ihrem früheren Leben natürlich ebenfalls Studienrätin, hat bei der Vorstellung des OECD-Berichts in Berlin CDU und CSU zum x-ten Mal den Lackmustest »Eigenheimzulage« angeboten. Wenn es den C-Parteien wirklich ernst sei mit der Erhöhung des Bildungsetats, sollten sie doch der Streichung der Eigenheimzulage endlich zustimmen; sechs bis sieben Milliarden Euro mehr könnte man so bis 2010 für Bildung ausgeben.

Das wäre allerdings ein schwerer Schlag für unsere Frauen! Selbst der intelligenteste Mann könnte dann keine Eigenheimzulage mehr beantragen! Was nützt uns dann noch die schönste Bildung.