Warten, um Spezialcode einzugeben

Ich bin wichtig. Also brauche ich ein Handy. Ich bin cool. Also informiere ich mich im Internet über die günstigsten Tarife. Das ist für mich eplus. Also rufe ich den erstbesten Händler an. Doch schon tauchen die ersten Schwierigkeiten auf. Mit eplus kann man im Ausland nicht telefonieren, und ich wollte das Ding doch mit nach Italien nehmen. Aber wenn die Not am größten, kommt von irgendwo ein Lichtlein her, diesmal in Form einer Anzeige im Tageblatt, das ich ja immer noch umsonst bekomme. Dort bietet eplus ein Dual Band Handy von Motorola an, mit dem man auch im Ausland telefonieren kann. In der Anzeige stehen auch gleich die Adressen der nächsten eplus-Shops in Wuppertal und Remscheid. Typisch Solingen, denke ich, noch nicht mal einen eplus-Laden gibt es hier. Ich also nichts wie nach Wuppertal und Vertrag machen. Meine Wunschrufnummer ist zwar schon vergeben, aber eine sehr ähnliche noch zu haben. Ruckzuck ist die Karte freigeschaltet und ich fahre mit meinem neuen Statussymbol nach Hause, wo ich sofort beginne, den Akku aufzuladen.

Aber ausprobieren will ich das Ding auch. Also lese ich die Bedienungsanleitung durch, schalte das Handy ein, tippe vorsichtig meine PIN-Nummer ein und warte. Das Handy sucht den Sender und findet ihn. Klasse. Ich rufe mein eigenes Telefon an, es klingelt. Klasse. Zufrieden schalte ich das Handy wieder aus. Doch dann muss ich es wissen. Ob mein kostenloser Anrufbeantworter auch schon funktioniert? Also gehe ich an mein Telefon und rufe das ausgeschaltete Handy an. Eine Stimme fordert mich freundlich auf, mir selbst eine Nachricht zu hinterlassen: »äh, hallo, ich bin’s. Dies ist ein Test. Eins, zwei, drei, vier, fünf.«

Nun will ich die Nachricht aber auch abhören. Also schalte ich das Handy ein, tippe die PIN-Nummer ein und warte. Doch statt ›suche Sender‹ erscheint auf dem Display die Meldung ›Warten, um Spezialcode einzugeben.‹ Nervös blättere ich im Index der Gebrauchsanweisung, warum hat mir der blöde Händler nichts vom Spezialcode gesagt! Doch auch in der Gebrauchsanweisung steht nichts vom Spezialcode. Klasse, denke ich, gute Gelegenheit, um den eplus-Kundenservice zu testen.

Also rufe ich von meinem Telefon aus den Kundenservice an. Zunächst spreche ich mit Computern, die mich aber beim Drücken der Null mit der menschlichen Null im Servicecenter verbinden. Die freundliche Stimme am anderen Ende hat nämlich auch noch nie etwas vom Spezialcode gehört. Ich soll es doch mal bei der Motorola-Hotline probieren. Also rufe ich die kostenpflichtige Motorola-Hotline an und höre mir minutenlang Musik an, bis mir die freundliche Stimme sagt, dass alle Plätze belegt sind und ich doch ein Fax schicken könnte.

Ne, denke ich, dann rufe ich doch lieber den eplus-Shop in Wuppertal an. Dort wissen die aber auch nicht weiter. Um irgendetwas zu tun, erklären sie mir, wie ich den PIN-Code ändern kann. Das tue ich auch, aber das Handy verlangt immer noch den achtstelligen Spezialcode. Ja, dann solle ich rein kommen. Ich habe aber keine Lust noch einmal nach Wuppertal zu fahren, sage ich. Sie können selbstverständlich auch in Solingen in den eplus-Shop gehen, sagt der nette Herr aus Wuppertal. Also gibt es doch einen eplus-Shop in Solingen. Da hat wohl die Werbeagentur von eplus die Anzeigen vertauscht. Kein Wunder bei der schlechten Werbung. (Steht doch da ein Mann auf der Tower Bridge und ruft eine Frau an, die neben ihm in der Badewanne sitzt. Und dazu gibt es den Claim: ›So nah, als wär man da‹. Völlig bescheuert! Hätte mich eigentlich warnen sollen.)

Ich also zum eplus-Shop in Solingen. Eine sehr nette Verkäuferin telefoniert mit verschiedenen Hotlines und bittet den achtstelligen Spezialcode zu errechnen. Das könne aber zwei Tage dauern, sagt sie mir. Dann bin ich ja schon in Italien. Also bestehe ich darauf, dass wir mit einem anderen Handy die Karte ausprobieren. Gesagt getan, die freundliche Verkäuferin steckt meine Karte in ein anderes Handy, ich tippe meine PIN-Nummer ein und – schwupp – das Handy ist im Netz. Große Verblüffung! Vorführeffekt! Wir stecken die Karte wieder um in mein Handy, ich tippe die PIN-Nummer ein und – Heureka, es funktioniert! Zufrieden fahre ich wieder nach Hause und lade den Akku weiter auf.

Doch dann möchte ich endlich meinen Anrufbeantworter abhören. Ich schalte das Handy ein, tippe die PIN-Nummer ein und – schwupps piepst das Ding: ›Nachricht angekommen‹. Klasse! So muss das sein! Ich rufe den Anrufbeantworter an, wo mich eine freundliche Stimme vom Band anleiten will, den Anrufbeantworter einzurichten. Doch dazu bin ich zu blöd. Es klappt nicht. Ich rufe die Hotline an. Die sagen mir, ich darf nicht nach der Eingabe meiner Geheimnummer auf OK drücken. Klasse! Ich will es gleich noch einmal probieren, doch da kommt meine Frau mit dem Abendessen.

Italienische Nudeln. – Nach dem Essen greife ich mir das Handy, schalte es ein, tippe die PIN ein und – schwupps: wieder die Meldung: ›Warten, um Spezialcode einzugeben‹. (Fortsetzung folgt)– Solingen 2. Juli 1998